Die Zaubererkinder Emma und Armin ärgern sich. Ihre Eltern erlauben ihnen nicht, auf das große Zaubererfest zu gehen.
Stattdessen passt die schreckliche Gunthild auf sie auf, die sie zu allem Überfluss einsperrt. Doch mit einem magischen Gegenstand gelingt ihnen die Flucht. Als die Kinder dann noch Schrumpfungstropfen finden, beginnt das größte Abenteuer ihres Lebens ...
Artikelnummer: 030133
ISBN: 978-3-946923-00-8
nur 12.90 Euro
48 Seiten
17 Illustrationen
Format: Hardcover
Maße: 100 x 200 mm
Sprache: Deutsch
Erschienen: November 2008
Autor: Greg Lewis
Die Tür des Schlosses öffnete sich mit einem lauten Knarren.
„Junge Dame, tritt ein in unser bescheidenes Heim“, begrüßte der Diener Grünblatt den Gast mit einer tiefen Verbeugung. Dabei zog er seinen dunkelblauen, spitzen Hut vom Kopf und schwenkte ihn wie eine Fahne.
Armin und Emma kicherten gleichzeitig.
„Vielen Dank“, sagte Emma und machte einen höflichen Knicks.
Sie folgte Grünblatt und Armin ins Innere, während hinter ihnen die Schlosstür zufiel.
„Warum dürfen wir nicht mit auf das Fest?“, beschwerte sich Armin bei Grünblatt.
Armin‘ und Emmas Eltern waren seit Tagen damit beschäftigt gewesen, die letzten Vorbereitungen für die Feierlichkeiten zu treffen. Ihre Kinder hatten sie kaum noch gesehen, da das Fest ein wichtiges Ereignis war. Die ganze Zaubererschaft des Landes traf sich in diesem Jahr in dem Dorf Großkessel, um ihre neuesten Kunststücke vorzuführen und den besten Zauberer auszuzeichnen. Doch jedes Mal, wenn Emma und Armin gebettelt hatten, ebenfalls auf das Fest gehen zu dürfen, hatten ihnen ihre Eltern den Wunsch abgeschlagen.
„Auf das Fest dürfen bloß Zauberer, die älter als zehn sind“, erklärte Grünblatt mit ruhiger Stimme.
„Das dauert noch so lange“, jammerte Emma. „Nehmen Sie uns einfach heimlich mit!“
„Ja!“, schloss sich Armin an. „Bitte!“
Grünblatt schüttelte den Kopf. „Auf keinen Fall!“
Emma und Armin zogen beide einen Schmollmund.
„Dann bleiben Sie wenigstens heute Abend bei uns“, bat Emma.
„Die Knallerbse soll nicht auf uns aufpassen!“, sagte Armin.
Grünblatt unterdrückte nur mühsam ein Grinsen. „Fräulein Gunthild ist ganz sicher keine Knallerbse“, stellte er fest. „Oder habt ihr schon einmal erlebt, dass sie solche Geräusche von sich gibt?“
Rasch zog er seinen braunen Zauberstab aus dem Umhang und schwenkte ihn in der Luft. Eine grüne Erbse schoss daraus hervor, die mit lautem Knall explodierte.
Armin und Emma jubelten begeistert.
„Bleiben Sie heute Abend bei uns“, wiederholte Emma. „Sie könnten uns den ganzen Abend mit lustigen Tricks unterhalten.“
„Das wäre toll“, stimmte Armin zu.
„Die Zaubererschaft hat mich gebeten, am Wettbewerb teilzunehmen“, erklärte Grünblatt. „Bevor dieser Holunder gewinnt.“ Bei dem Namen verzogen Emma und Armin ihre Gesichter. „Deswegen kann ich euren Wunsch nicht erfüllen“, fuhr Grünblatt fort. „Doch ich bin mir sicher, ihr werdet mit der Knallerbse, ähm ich meine natürlich mit Fräulein Gunthild viel Spaß haben. Und nun müsst ihr mich entschuldigen. Ich habe noch einiges zu tun, ehe ich zum Fest aufbreche.“
Grünblatt eilte davon. Armin und Emma sahen ihm betrübt hinterher.
„Das wird ja ein toller Abend“, murmelte Emma. „Wir werden überhaupt keinen Spaß haben.“
Armin nickte. Fräulein Gunthild hatte bislang ein einziges Mal auf ihn aufgepasst. Es war der langweiligste Abend geworden, an den er sich erinnern konnte. Schließlich zuckte er mit den Achseln. „Ist wohl nicht zu ändern. Sollen wir in mein Zimmer gehen? Ich habe etwas Tolles von Mama und Papa geschenkt bekommen.“
Jetz nickte Emma aufgeregt.
Die beiden rannten die steinerne Treppe hinauf, die in der Mitte von einem roten Teppich bedeckt wurde. An den Wänden hingen alte Ölgemälde von Armin‘ Verwandten. Sie erreichten den ersten Stock des Schlosses und Armin bog nach links ab. Beinahe stieß er mit der silbernen Ritterrüstung zusammen, die am Treppenabsatz stand.
„Das war knapp“, ächzte Armin, als er seine Zimmertür öffnete. „Manchmal habe ich das Gefühl, die Rüstung stellt sich mir absichtlich in den Weg.“
Emma betrat den Raum und riss überrascht den Mund auf. Der Boden war bedeckt von Armin‘ Spielzeug. Sogar auf dem Bett war kein Platz mehr. „Du hast ja gar nicht aufgeräumt“, sagte sie.
„Mama und Papa waren in den letzten Tagen viel zu beschäftigt, um mir zu helfen“, erklärte Armin. „Ich habe es selbst probiert, aber danach sah es viel schlimmer aus als vorher.“
„Sollen wir es gemeinsam versuchen?“, fragte Emma.
Armin strahlte sie an. „Das machen wir!“
Sie holten ihre Zauberstäbe aus den Taschen: Emmas Stab war rot wie die untergehende Sonne, Armin‘ Stab blau wie das Meer.
Emma rief: „Zimmer sei wieder rein, Zauber mach alles fein!“
Armin rief: „Husch, husch, rutsch, rutsch, alles ist futsch!“
Aus ihren Stäben schossen blaue und rote Funken.
Die Spielsachen wurden von den Funken in die Luft gehoben und die Türen eines großen Schrankes öffneten sich. Das Spielzeug flog in den Schrank hinein.
Armin strahlte. „Zu zweit geht alles viel besser!“
„Was haben dir deine Eltern geschenkt?“, erkundigte sich Emma.
Armin richtete den Zauberstab auf den Schrank. „Neues Teil komm heraus, sonst ist der Spaß für heute aus.“
Der hölzerne Schrank wackelte rumpelnd hin und her. Aus einer Schublade kam ein flaches, weißes Brett geflogen. Es hatte eine längliche Form, mit abgerundeten Kanten. Das Brett segelte auf Armin zu, der die Hand ausstreckte, damit er es auffangen konnte.
„Was ist das?“, wollte Emma wissen.
„Das ist ein Flugbrett“, antwortete Armin. „Funktioniert wie ein fliegender Teppich, sieht aber viel cooler aus“, erwiderte Armin. „Mama und Papa haben es mir geschenkt, weil sie in den letzten Tagen so wenig Zeit für mich hatten.“
„Was kann das Brett Besonderes?“, fragte Emma, die nicht begeistert klang. „Fliegen können wir nämlich auch mit unseren Besen“, fügte sie hinzu.
„Pah“, machte Armin. „Einen Besen kannst du ab sofort total vergessen.“
Er ließ das Brett los, das sich auf den Weg nach unten zur doppelten Größe entfaltete. Dann stellte Armin seine Füße darauf. Wie aus dem Nichts erschienen zwei Haltegurte und legten sich um Armin‘ Schuhe. In der
nächsten Sekunde befand er sich bereits in der Luft.
Glücklicherweise war seine Zimmerdecke vier Meter hoch, denn sonst hätte er sich rasch den Kopf gestoßen. Das Brett stieg höher und drehte sich mitten im Flug. Nun hing Armin kopfüber nach unten.
„Klasse!“, meinte Emma beeindruckt. „Ich will auch damit fliegen.“
Armin grinste. „Hab ich es dir nicht gesagt?“ Er dirigierte das Fluggerät nach unten und stieg ab, dann stellte sich Emma darauf. Schnell befand sie sich zwei Meter in der Luft und kreischte vor Vergnügen.
Plötzlich erklang die laute Schlossglocke. Grimmig verzog Armin den Mund, während Emma landete.
„Das ist bestimmt die Knallerbse!“, sagte Armin.
„Wie sollen wir uns an dir festhalten?“, erkundigte sich Armin, nachdem Arbi sie von den Resten der weißen Schaummasse befreit hatte.
„Wir brauchen einen Sattel“, meinte Emma. „Hast du vielleicht ein Puppenpferd? Dann könnten wir davon den Sattel nehmen.“
Armin sah sie entsetzt an. „Puppenpferd?“ Sein Tonfall ließ keinen Zweifel daran, was er von dieser Frage hielt. Schließlich schüttelte er den Kopf. „Mädchen!“
Emma schüttelte ebenfalls den Kopf. „Jungs!“
Armin schaute sich in seinem aufgeräumten Zimmer um. Alles war riesig und ihm fiel nichts ins Auge, was sich als Sattel verwenden lassen könnte. Er zuckte die Achseln. „Probieren wir es einfach ohne. Außerdem sollten wir uns beeilen. Bis zum Jahrmarkt brauchen wir in unserer Größe mindestens eine Stunde.“
Er verschränkte seine Hände ineinander, um für Emma eine Räuberleiter zu bilden. Vorsichtig stieg Emma mit einem Fuß darauf und schwang sich auf den Körper der Ameise. Emma reichte Armin ihre Hände und half nun ihm hinauf. Er setzte sich vor sie hin und Emma klammerte sich von hinten an seinem Bauch fest.
„Kann es losgehen?“, fragte Arbi.
„Ja“, sagten Emma und Armin wie aus einem Mund.
„Aber bitte vorsichtig“, fügte Emma hinzu. „Damit wir nicht runterplumpsen.“
Arbi setzte sich in Bewegung. Armin und Emma schwankten nach links und schwankten nach rechts. Ihre Füße hatten sie unter den Ameisenkörper gehakt.
„Wie fühlt ihr euch?“, erkundigte sich Arbi.
„Gut!“, riefen sie.
„Duckt euch!“, empfahl die Ameise, denn sie befanden sich kurz vor der Tür.
Die beiden Kinder zogen ihre Köpfe ein und im nächsten Moment hatten sie Armin‘ Zimmer verlassen.
„Du musst zu den Treppen“, sagte Armin.
Arbi stoppte abrupt und die Kinder wären fast heruntergefallen.
„Was ist los?“, fragte Emma.
„Seid leise!“, wisperte Arbi. „Vielleicht hat sie uns noch nicht bemerkt.“
„Wer?“, wollte Armin in der Erwartung wissen, Fräulein Gunthild um die Ecke stürmen zu sehen.
Emma hingegen kreischte erschrocken auf und presste sich rasch eine Hand vor den Mund. Doch es war zu spät.
Die fette, schwarze Spinne, mindestens viermal größer als die Ameise, hatte sie entdeckte. Sie klackerte mit zwei Fangscheren und kam langsam auf sie zu.
„Ich hasse Spinnen!“, schrie Emma.
„Ich auch!“, brüllte Arbi, wandte sich um und lief so schnell wie möglich in die entgegengesetzte Richtung.
Armin blickte über die Schulter. Emma presste unterdessen ihr Gesicht an seinen Rücken und hielt sich verzweifelt fest.
„Geh weg, geh weg, geh weg“, murmelte sie.
Armin stellte fest, dass die Spinne keine Anstalten machte, Emmas Wunsch zu erfüllen. Sie folgte ihnen und hatte bereits den Abstand verkürzt.
Lange würde es nicht dauern, bis die Spinne sie eingeholt hätte.
Armin zückte den Zauberstab und richtete ihn nach hinten.
„Feuer frei!“, rief er und eine Feuersalve schoss aus dem Stab. Beinahe hätte sie die Spinne getroffen, doch das schwarze Tier konnte rechtzeitig ausweichen.
Auch die nächsten Schüsse gingen daneben, aber zumindest holte die Spinne nicht weiter auf.
„Du musst mir helfen!“, schrie Armin.
„Dann können wir sie bestimmt verscheuchen!“
„Muss das sein?“, fragte Emma. „Ich fühle mich besser, wenn ich nicht nach hinten sehen muss.“
Doch bevor Armin etwas erwidern konnte, hatte sich Emma umgedreht und hielt ihren Zauberstab in der Hand. Gemeinsam schossen sie eine Salve nach der anderen ab, während die Ameise floh.
„Getroffen!“, brüllte Armin triumphierend, als die Spinne nicht mehr ausweichen konnte. „Das hast du davon, dich mit uns anzulegen.“
Statt endlich die Verfolgung aufzugeben, erhöhte die Spinne ihr Tempo und griff sie mit Spinnfäden an, die knapp über sie hinwegzischten.
Gleichzeitig bremste Arbi schlitternd ab.
„Warum stoppst du?“, rief Armin, der sich noch immer auf die Spinne hinter ihnen konzentrierte.
„Wir haben ein Problem“, antwortete Arbi. „Ist das Schnurzi?“
Armin und Emma sahen nach vorn. Ein Ungetüm hatte sich vor ihnen aufgebaut, mit langen Pfoten, hellbraunem Fell und einer neugierigen Nase, die schnüffelnd näherkam.
„Ja“, bestätigte Armin. „Das ist unsere Katze Schnurzi.“ Er vergaß, die Spinne mit weiteren Feuersalven einzudecken und winkte seiner Katze mit beiden Armen. „Schnurzi! Ich bin es!“
„Hast du nicht gesagt, das Experiment sei bei der Katze fehlgeschlagen?“, erinnerte ihn Emma.
„Stimmt“, brummte Armin und ließ die Arme wieder sinken.
Emma drehte ihren Kopf erneut nach hinten und schrie entsetzt auf. „Die Spinne kommt näher!“, keuchte sie.
„Die Katze auch“, stellte Arbi ebenso ängstlich fest.
Armin‘ Blick huschte hin und her. Wahrscheinlich würde Schnurzi sie zuerst erreichen. Da er die Katze schon früher dabei beobachtet hatte, wie sie kleine Insekten mit ihrer Zunge aufgeleckt und verschlungen hatte, ging von ihr die größere Gefahr aus. Sollte Schnurzi sie jedoch verschonen, hätte die Spinne wahrscheinlich genug Zeit bekommen, um sie mit klebrigen Fäden einzufangen.
Die Nase und die Schnurhaare der Katze waren nur noch Zentimeter entfernt.
„Wir sind verloren!“, brüllte Arbi.
„Ich feuere auf Schnurzi, du auf die Spinne!“, befahl Armin. Er richtete seinen Zauberstab nach oben.
Gerade als er „Feuer frei!“ rufen wollte, sprang Schnurzi über sie hinweg. Sie landete kurz vor der Spinne, schnupperte und leckte sie mit ihrer Zunge auf.
„Du hast es ihr gezeigt!“, jubelte Armin.
Die Katze drehte sich zu ihnen herum.
„Oh, oh“, machte Arbi.
Für einen kurzen Augenblick sah es so aus, als würde sie zu ihnen zurückkommen. Dann miaute sie und lief auf die Treppen zu.
„Was macht sie jetzt?“, fragte Emma.
Armin strahlte. „Sie zeigt uns einen Weg nach draußen. Arbi, du musst ihr folgen!“.
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